Die Unterbringung von Menschen in Organisationen der Hilfe und Kontrolle ist mit strukturellen Machtungleichheiten zu Ungunsten der untergebrachten Menschen verbunden. Dies gilt für alle Formen der Versorgung, Behandlung, Erziehung und Sanktionierung bis in die Gegenwart. Solche institutionalisierten Ungleichheiten werden mit dem jeweiligen Auftrag von Einrichtungen legitimiert. Sie prägen die persönlichen Beziehungen und sind nicht selten mit gravierenden, langfristigen Auswirkungen auf die Biografien von Betroffenen verbunden.
Wenn Forschung die Aufarbeitung von Unterbringungsprozessen anstrebt, wird in der Regel auf Dokumente (Akten, Konzepte, Fachdiskurse, politische Debatten), lebensgeschichtliche Interviews mit Zeitzeug:innen und Expert:inneninterviews zu-rückgegriffen. Dabei stellen sich Fragen zur Zeitlichkeit von Daten und zur Forschungsethik im Umgang mit der retrospektiven Einordnung von Erinnerungen und divergierenden Wissenskonstruktionen:
- Wie können institutionell legitimierte bzw. in-formell verfestigte Machtdynamiken aus verschiedenen Materialien rekonstruiert werden und welche Reichweite haben solche Befunde?
- Welche Zeitschichten überlagern sich in den Narrationen von Biograf:innen und Expert:innen wenn Erinnerungen und gegenwärtige Einordnungen von Erfahrungen ineinandergreifen?
- Wie können historische Dokumente und erzählte Erinnerungen sich wechselseitig er-hellen, ohne in den Modus der ‚Beweisführung’ oder der Suche nach einer ‚objektiven Wahrheit’ zu verfallen?
- Wie können Perspektivendivergenzen zwischen verschiedenen Daten, aber auch verschiedenen Perspektiven von Akteur:innen für den Erkenntnisprozess fruchtbar gemacht werden?
Konzeption und Organisation: Mechthild Bereswill (Universität Kassel) & Peter Rieker (Universität Zürich).
Das Programm der Tagung finden Sie hier.