8. Jah­res­ta­gung der Gesell­schaft für psy­cho­ana­ly­ti­sche Sozi­al­psy­cho­lo­gie — Save the Date und Ankün­di­gung der Jah­res­ta­gung 2020, 04.–05.12.2020

Das Unbe­ha­gen in der Natur. Psy­cho­ana­ly­ti­sche Per­spek­ti­ven auf die Corona-Krise

Das Jahr 2020 wird sicher vor allem erin­nert wer­den als das Jahr der Corona-Pan­de­mie. Welt­weit wird aktu­ell mit dem Virus ein Umgang gesucht, es wer­den Modelle und Kur­ven errech­net und betrach­tet, Anste­ckungs­wege erkun­det, Gren­zen, Läden, Schu­len geschlos­sen (und vor­sich­tig wie­der zu öff­nen ver­sucht), Men­schen durch Aus­geh­ver­bote von­ein­an­der iso­liert und gleich­zei­tig Fami­lien, Paare und Wohn­ge­mein­schaf­ten zum engen Zusam­men­le­ben gezwun­gen. Die Bewe­gun­gen der Bevöl­ke­rung wer­den (frei­wil­lig oder for­ciert) ana­ly­siert und über­wacht, in den Medien gibt es kaum ein ande­res Thema. Die Men­schen fol­gen den Expert*innen der Wis­sen­schaft, ihren Berech­nun­gen und Gra­fi­ken, wäh­rend par­al­lel dazu Fake News und Ver­schwö­rungs­theo­rien blü­hen. „Der unsicht­bare Feind“ ruft kol­lek­tiv ins Gedächt­nis, dass sich die Natur nicht voll­kom­men kon­trol­lie­ren lässt. Zugleich pro­du­zie­ren die staat­li­chen Ein­däm­mungs­ver­su­che in der Bevöl­ke­rung Ängste, Unsi­cher­hei­ten und Ärger, aber auch große Zustim­mung. Auto­ri­täre Ordnungshüter*innen ste­hen anti­au­to­ri­tär-rebel­li­schen Abwiegler*innen gegen­über: Rufe nach Sicher­heit und Schutz vor der Krank­heit wer­den genauso laut wie Ansprü­che auf indi­vi­du­elle Frei­hei­ten, aber auch die Sorge um die wirt­schaft­li­chen und sozia­len Fol­ge­wir­kun­gen der Maß­nah­men wie Arbeits­lo­sig­keit, die Über­las­tung der Frauen, Anstiege von häus­li­cher Gewalt, Zunahme an psy­chi­schen Erkran­kun­gen, das Elend der Geflüch­te­ten in den Lagern in Grie­chen­land oder der Obdach­lo­sen hier­zu­lande. Zugleich wer­den auch ein­ge­schränkte soli­da­ri­sche Momente sicht­bar und neue Wege der Kom­mu­ni­ka­tion und sozia­len Nähe trotz Social Distancing gesucht. Aller­or­ten blü­hen Spe­ku­la­tio­nen dar­über, wie die post-Corona-Gesell­schaft aus­se­hen wird, Apo­ka­lypse-Phan­ta­sien ste­hen hier neben Wunsch­phan­ta­sien eines geläu­ter­ten, soli­da­ri­schen und grü­nen ‚Danach‘.

Wir ste­cken mit­ten im Gesche­hen, kön­nen über die Aus­wir­kun­gen der Pan­de­mie und der Maß­nah­men gegen sie nur Ver­mu­tun­gen und Pro­gno­sen anstel­len. Jedoch las­sen sich bereits jetzt unsere eige­nen gefühls­mä­ßi­gen Reak­tio­nen und ver­än­der­ten bzw. sich ver­än­dern­den Wahr­neh­mungs- und Inter­ak­ti­ons­mus­ter ebenso wie die­je­ni­gen ande­rer beob­ach­ten und ana­ly­sie­ren. Ob wir im Dezem­ber, zum Zeit­punkt der Jah­res­ta­gung schon auf die Krise zurück­bli­cken kön­nen oder uns noch mit­ten drin befin­den wer­den, wis­sen wir nicht. Sicher aber lohnt sich eine Aus­ein­an­der­set­zung mit der Corona-Pan­de­mie, gerade aus einer psy­cho­ana­ly­tisch-sozi­al­psy­cho­lo­gi­schen Per­spek­tive.

Auf dem Eröff­nungs­pa­nel und den Work­shops wol­len wir uns mit die­sem The­men­kom­plex befas­sen und Fra­gen wie die fol­gen­den erkun­den:

- Wie ver­än­dern sich die Wahr­neh­mung des eige­nen Kör­pers, aber auch zwi­schen­mensch­li­cher Inter­ak­tio­nen durch das Virus? Wie wird die (Nicht-)Kontrollierbarkeit der Natur nun wahr­ge­nom­men?

- Was machen die Iso­la­tion und die neuen Wei­sen der Kom­mu­ni­ka­tion und der Arbeit mit uns und ande­ren? Wie wird dies durch unter­schied­li­che Wohn- und (Lohn- und Care-)Arbeitssituationen und der sozia­len Lage beein­flusst?

- Wel­che Phan­tas­men zei­gen sich im Dis­kurs über das Virus? Wofür steht der Corona-Dis­kurs evtl. sonst noch? Wel­che Ängste, Wün­sche und Ver­ar­bei­tungs­stra­te­gien zei­gen sich in ihm? Was wird dabei latent gemacht und wor­über wird nicht gere­det? Wel­che lebens­prak­ti­schen Funk­tio­nen erfül­len die sozi­al­uto­pi­schen Illu­sio­nen (und wel­ches Natur­ver­hält­nis ist in ihnen reprä­sen­tiert)?

- Wie kön­nen wir die unter­schied­li­chen Reak­ti­ons­wei­sen in der Bevöl­ke­rung ver­ste­hen?

- Mit wel­chen Stra­te­gien und Insze­nie­run­gen begeg­nen Regie­run­gen, aber auch die neuen Expert*innen der Krise, den durch die Krise ent­stan­de­nen Gefühls­la­gen in der Bevöl­ke­rung? Wie reagiert die poli­ti­sche Rechte und wie eman­zi­pa­to­ri­sche Kräfte?

- Wie lässt sich dem Anstieg von ver­schwö­rungs­theo­re­ti­schem Den­ken aus sozi­al­psy­cho­lo­gi­scher Sicht begeg­nen?

- Wel­che Funk­tion haben die Zah­len, Gra­fi­ken, Rech­nun­gen, Pro­gno­sen in der Krise und wel­che Effekte zei­gen sie?

Für alle Mit­glie­der und Inter­es­sier­ten bedeu­tet dies: Save the Date, 04.–05.12.2020

Und für die AGs: Wir freuen uns über Work­shops zum Thema aus euren Rei­hen.

Aktu­el­les Tagungs­orga-Team:

Mar­cus Beiss­wan­ger, Leo­nard Bri­xel, Mar­kus Brun­ner, Ayline Hel­ler, Daniel Hil­de­brandt, Flo­rian Knas­mül­ler, Fabian Nophut, Tom Uhlig, Han­nes Weid­mann

Mail: tagung@​psasoz.​org

Wer noch Lust hat, bei der Orga­ni­sa­tion mit­zu­hel­fen, melde sich jeder­zeit gerne bei uns!