Zentrum für Kindheits- und Jugendforschung, Universität Bielefeld
Die Lebensphasen Kindheit und Adoleszenz verweisen auf die Entwicklungsfähigkeit des Menschen und das widersprüchliche Verhältnis von Kontinuität und Veränderung in der Geschichte der Subjekte. Das darin aufscheinende Verhältnis von Identität und Nicht-Identität der Menschen mit sich selber hat einen im Unbewussten verwurzelten Rätselcharakter, der in seiner Unverstehbarkeit zu Sprache und Kultur treibt, wobei er zugleich eine „sinn-verstörende oder schweigend-unsinnige Seite“ (Insa Härtel) hervorbringt. So ist es denn auch kein Zufall, dass Kindheit und Jugend einerseits häufiger Gegenstand von Kunst sind und andererseits selbst ästhetische Versuche hervorbringen, die sich mit dem Sinn und Unsinn des Werdens befassen – und damit immer auch mit der generationalen Ordnung. Ist es doch der (durch Geburt und Tod bestimmte) kulturelle Übergang von einer Generation zur anderen, der Bildung und Erziehung notwendig macht, der die Frage nach Kontinuität und Veränderung nicht nur auf ontogenetischer, sondern auch auf einer kulturellen Ebene immer wieder neu stellt. Ästhetisiert wird sowohl imRückblick auf die biographische Frühzeit als auch in ihren eigenen Äußerungen etwas, das noch nicht da ist – und zwar im Vorgriff auf einen Zustand, der das Jetzige überschreitet.
Ästhetisierungen von Kindheit und Jugend sind kein ‚realistisches‘ Abbild dieser Lebensphasen, sondern je spezifische Deutungen, die unterschiedlichen künstlerischen Formgesetzen folgen, unterschiedliche Stereotype reproduzieren, verschiedene Ideologien verfechten und historisch spezifisch sind. Das Epochenjahr 1968 brachte ein neues Interesse an Kindheit und eine neue Emphase der Jugend hervor, als jugendliches Protestmilieu, SchülerInnen- und StudentInnenbewegung zum Sturm auf die überkommene bürgerliche Gesellschaft und Kultur und in diesem Zuge auch zur Befreiung der Kinder aufriefen. Zugleich wurden dabei kulturelle Grenzziehungen angegriffen. Dementsprechend interessiert sich die Vortragsreihe für kulturelle Produkte aus den verschiedensten Sparten – von der Literatur über Film bis zur Musik – unter Einschluss der Populärkultur, die seit den 1960er Jahren an Gewicht gewann, eigenständige Ästhetiken hervorbrachte unddie sogenannte Hochkultur in vielfacher Weise infizierte.
Als ReferentInnen konnten wir auch für den zweiten Teil der Reihe VertreterInnen unterschiedlicher Disziplinen gewinnen, die sich jeweils mit spezifischen Ästhetisierungen befassen. Durch Nutzung des digitalen Formats soll raumübergreifend ein interdisziplinärer Dialog angeregt werden.
Alle Interessierten sind herzlich eingeladen über den Zoom-Link teilzunehmen und sich an der Diskussion nach den Vorträgen zu beteiligen.
https://uni-bielefeld.zoom.us/j/99667737538?pwd=U3NUSVhVTHRzWEt1ZlFPbUhkVVRkdz09
Organisation: Melanie Babenhauserheide und Benedikt Wolf