CfA „Patho­lo­gie der Nor­ma­li­tät – Erich Fromm und das Selbst im digi­ta­len Zeit­al­ter“ (Jah­res­ta­gung 2026 der Inter­na­tio­na­len Erich-Fromm-Gesell­schaft)

„Die Nor­mals­ten sind die Krän­kes­ten. Und die Kran­ken sind die Gesün­des­ten. […] Der Mensch, der krank ist, zeigt, daß bei ihm gewisse mensch­li­che Dinge noch nicht so unter­drückt sind, daß sie nicht in Kon­flikt kom­men kön­nen mit den Mus­tern der Kul­tur[.] […] Aber sehr viele Men­schen, das heißt: die Nor­ma­len, sind so ange­paßt, die haben so alles, was ihr eigen ist, ver­las­sen, die sind so ent­frem­det, sind so zum Instru­ment, sind so robo­ter­haft gewor­den, daß sie schon gar kei­nen Kon­flikt mehr emp­fin­den.“ (Erich Fromm im Inter­view für den Süd­west­funk, gesen­det im März 1977)

Bereits im Jahr 1953 hielt der Sozi­al­psy­cho­loge Erich Fromm (1900–1980) vier Vor­träge in New York, die sich mit einer bri­san­ten Frage beschäf­tig­ten: Was wäre, wenn das, was wir gesell­schaft­lich als nor­mal anse­hen, eigent­lich krank ist? Fromm ent­wi­ckelte im Zusam­men­hang mit sei­ner Theo­rie des Sozi­al­cha­rak­ters und Marx’ Ent­frem­dungs­ge­dan­ken die Posi­tion, dass uns kapi­ta­lis­ti­sche Lebens­wei­sen die Fähig­keit zu eige­nem Den­ken, Phan­ta­sie­ren und Füh­len abtrai­nie­ren. Wegen der Domi­nanz die­ses Defekts in der Bevöl­ke­rung bemer­ken auch wir selbst die patho­lo­gi­sche Distanz zur Mensch­lich­keit nicht – oder doch?

See­li­sche Gesund­heit erkannte Fromm als gekenn­zeich­net durch „die Fähig­keit zu lie­ben und etwas zu schaf­fen, durch die Los­lö­sung von den inzes­tuö­sen Bin­dun­gen an Klan und Boden, durch ein Iden­ti­täts­er­le­ben, das sich auf die Erfah­rung sei­ner selbst als dem Sub­jekt und dem Urhe­ber der eige­nen Kräfte grün­det, durch das Begrei­fen der Rea­li­tät inner­halb und außer­halb von uns selbst, das heißt durch die Ent­wick­lung von Objek­ti­vi­tät und Ver­nunft“ (1955a: Wege aus einer kran­ken Gesell­schaft, GA IV, S. 52). Die kom­mende Jah­res­ta­gung der Inter­na­tio­na­len Erich-Fromm-Gesell­schaft (22.–24. Mai 2026, Ev. Bil­dungs- und Tagungs­zen­trum Bad Alex­an­ders­bad) stellt die­sem huma­nis­ti­schen Gesund­heits­ver­ständ­nis die zuletzt deut­lich gestie­ge­nen Zahl psy­chi­scher Dia­gno­sen und Selbst­dia­gno­sen gegen­über. Die Ver­an­stal­tung fragt in die­sem Zusam­men­hang zugleich nach der Bedeu­tung des der­zeit sehr offe­nen Umgangs mit psy­chi­schen Erkran­kun­gen auf Social-Media-Platt­for­men sowie den Kon­se­quen­zen nor­ma­li­sier­ter Grup­pen­nar­ziss­men und Wegen aus heu­ti­gen Ent­frem­dun­gen vom gesun­den mensch­li­chen Selbst­er­le­ben.

Stu­die­rende, Pro­mo­vie­rende, Post­docs und andere inter­es­sierte Per­so­nen bis zum Alter von 35 Jah­ren sind herz­lich ein­ge­la­den, Abs­tracts von maxi­mal 300 Wör­tern für einen 20-minü­ti­gen Vor­trag zum Thema ein­zu­rei­chen. Die­ser kann bei­spiels­weise Bezüge zu per­sön­li­chen For­schungs­fel­dern, aktu­el­len Nach­rich­ten oder All­tags­be­ob­ach­tun­gen her­stel­len, sollte sich aber in jedem Fall mit dem Tagungs­thema und den Gedan­ken Erich Fromms aus­ein­an­der­set­zen. Ins­ge­samt wer­den drei Bei­träge zur Prä­sen­ta­tion im Rah­men der Tagung mit der Option einer anschlie­ßen­den Ver­öf­fent­li­chung im Fromm Forum aus­ge­wählt. Zusätz­lich wer­den die Unter­brin­gungs- und Ver­pfle­gungs­kos­ten über­nom­men, damit die Refe­rie­ren­den an allen Inhal­ten und Gesprä­chen am Tagungs­wo­chen­ende teil­ha­ben kön­nen.

Die Abs­tracts sind bitte bis spä­tes­tens 30. Novem­ber 2025 als PDF-Doku­ment per E‑Mail an info@​fromm-​gesellschaft.​de (Rück­fra­gen an die­selbe Adresse) zu sen­den. Der Vor­stand der IEFG lädt alle Inter­es­sier­ten herz­lich zur Tagung ein, ist gespannt auf die Vor­schläge und wünscht viel Freude am pro­duk­ti­ven Den­ken.

Der CfA als pdf-Datei.